Almut Quaas
Almut Quaas

 

 

Hans-Dieter Fronz
19.07.2010


Das beseelte Ding

Bilder von Almut Quaas und
Jürgen Giersch in Freiburg

Große Augen schauen uns an. Nicht kindliche Naivität steht dem jungen Ding ins Gesicht geschrieben, eher - Lebenserfahrenheit, ein tiefes Wissen. Mal blickt es offen und lebhaft, mal versonnen und wie abwesend; hier freundlich uns zugewandt, dort wieder fast erschrocken: vor uns? Der Welt? Stets aber ist es ein und dieselbe Puppe - Paula mit Namen -, die die Malerin auf verschiedenen Bildern vor uns hinstellt. In den wechselnden Gemütslagen, die sich auf dem reinen Gesichtchen abzeichnen, spiegelt die Figur menschliches Dasein in seiner Bandbreite von Freude und Leid. Wirklich ein "Menschlein", wie Almut Quaas, die Malerin, sagt.
In der Kunst der Moderne, von Hans Bellmer über Rudolf Dischinger bis zu Cindy Sherman, dient das leblose Ding Puppe als unheimliche Allegorie des modernen Lebens in der Seelenlosigkeit der unter der Herrschaft des Ökonomischen verdinglichten menschlichen Beziehungen. Almut Quaas geht einen Schritt weiter. Bei ihr ist das tote Ding beinah lebendiger und seelenvoller als der Mensch selber im Getriebe der Zeit. Mit beseeltem Blick, meinen wir, sieht die Puppe uns an und bis auf den Grund der Seele. Die lädierte Spielgefährten der Kindheit – ein Unterarm fehlt, die Füßchen sind nur mehr Stümpfe - ist als gleichsam mit lebende Freundin aus schwerer Zeit (die Künstlerin gehört der ersten Nachkriegsgeneration an) von der rosaroten Barbie-World denkbar weit entfernt. Eben darum sind diese Bilder keine Stillleben mit Puppe, sondern: Szenen aus dem beschädigten Leben. "Was hat man dir, du armes Kind, getan", heißt es von Mignon in Goethes Gedicht. Wir alle sind - das ist es, was die Bilder uns wieder zu Bewusstsein bringen - Mignon.